Aktuell
02.06.2020
Pflegekosten für die Grabstätte Dritter als Nachlassverbindlichkeiten
Aufwendungen für die Pflege einer Wahlgrabstätte, in der nicht der Erblasser, sondern dritte Personen bestattet sind, sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sich bereits der Erblasser für die Dauer des Nutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und diese Pflicht auf den Erben übergegangen ist.
Abzugsfähig sind die am Bestattungsort üblichen Grabpflegekosten für die Laufzeit des Grabnutzungsrechts. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Erblassers.
Mit dieser Entscheidung hat der BFH das Urteil des erstinstanzlich entscheidenden FG Düsseldorf vom 17.01.2017 (Az. 4 K 1641/15 Erb) aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Sachverhalt:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist testamentarischer Alleinerbe seines im November 2013 verstorbenen Cousins, des Erblassers (E).
E hatte ein Nutzungsrecht an einer Wahlgrabstätte auf einem Friedhof in X für die Dauer vom 25.10.2012 bis zum 24.10.2032 erworben. Die im Herbst 2012 verstorbene Mutter des E wurde in der Wahlgrabstätte beigesetzt. Am 16.07.2013 stellte die Verwaltung der Stadt X dem E eine Urkunde über das Nutzungsrecht aus.
§ 15 Abs. 4 Satz 1 der Satzung vom 19.12.2008 (geändert am 26.03.2010) für die Friedhöfe in der Stadt X, die von den Technischen Betrieben X, Anstalt des öffentlichen Rechts, verwaltet werden (Friedhofssatzung), bestimmt, dass das Nutzungsrecht mit Zahlung der fälligen Gebühren und Aushändigung der Verleihungsurkunde entsteht. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 4 der Friedhofssatzung ergibt sich aus dem Erwerb des Nutzungsrechts die Pflicht zur Anlage und Pflege der Grabstätte. Nach § 15 Abs. 5 der Friedhofssatzung soll schon bei der Verleihung des Nutzungsrechts der Erwerber für den Fall seines Ablebens aus dem im nachfolgenden Satz 2 genannten Personenkreis seinen Nachfolger im Nutzungsrecht bestimmen und ihm das Nutzungsrecht durch schriftlichen Vertrag übertragen. Wird bis zum Ableben keine derartige Regelung getroffen, geht das Nutzungsrecht in einer festgelegten Reihenfolge auf die im Einzelnen benannten Angehörigen des verstorbenen Nutzungsberechtigten mit deren Zustimmung über, zuletzt auf die nicht vorgehend bezeichneten Erben.
Am 11.11.2016 stellte die Verwaltung der Stadt X dem Kläger eine Urkunde über das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte für den Zeitraum vom 29.11.2013 bis 11.12.2033 aus.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 27.02.2015 Erbschaftsteuer in Höhe von 26.550 EUR gegen den Kläger fest. Als Nachlassgegenstände berücksichtigte er das durch den Kläger erklärte Grundvermögen und Bankguthaben. Als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug gebracht wurden der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 10.300 EUR und Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte in Höhe von 4.650 EUR.
Mit seinem Einspruch begehrte der Kläger den Abzug von Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte in Höhe von 49.200 EUR.
Das FA setzte mit Einspruchsentscheidung vom 12.07.2016 die Erbschaftsteuer mit 26.160 EUR neu fest. Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte berücksichtigte es nicht mehr.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG Düsseldorf hatte keinen Erfolg. Der BFH sah die Sache jetzt anders.
Für den zweiten Rechtsgang wiesen die BFH-Richter dabei auf Folgendes hin:
Ob das in der Person des E entstandene Grabnutzungsrecht bei seinem Tod auf den Kläger als seinen Alleinerben übergegangen ist und der Kläger im Zuge des Übergangs auch die Pflicht zur Pflege der Grabstätte erworben hat, ist durch Auslegung der Friedhofssatzung, die dem FG als Tatsachengericht obliegt, festzustellen. Das FG hat im ersten Rechtsgang die Friedhofssatzung dahingehend ausgelegt, dass nach § 15 Abs. 4 Satz 1 der Friedhofssatzung das Grabnutzungsrecht mit der Zahlung der Gebühr und der Aushändigung der Verleihungsurkunde in der Person des E entstanden und nach § 15 Abs. 5 Satz 2 Buchst. i der Friedhofssatzung auf den Kläger als Erben des E übergegangen sei. Die nach § 15 Abs. 4 Satz 4 der Friedhofssatzung sich aus dem Erwerb des Nutzungsrechts ergebende Pflicht zur Anlage und Pflege der Grabstätte sei ebenfalls auf den Kläger übergegangen. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das FG wird festzustellen haben, ob der Kläger der Übertragung des Grabnutzungsrechts auf ihn zugestimmt hat. Für eine Zustimmung könnte die Annahme der Urkunde über das Nutzungsrecht vom 11.11.2016 sprechen. In diesem Zusammenhang wird zu klären sein, warum der in der dem Kläger ausgestellten Urkunde angegebene Nutzungszeitraum vom 29.11.2013 bis 11.12.2033 läuft, wohingegen nach den Feststellungen des FG in der dem E ausgestellten Urkunde vom 16.07.2013 eine Laufzeit vom 25.10.2012 bis 24.10.2032 angegeben war.
Festzustellen ist außerdem, wie hoch die von E gezahlte Gebühr für den Erwerb des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte war, ob auch E selbst in der Wahlgrabstätte bestattet ist (es sich möglicherweise um ein sog. Doppelgrab handelt, wofür die Bezeichnung "Grabstätte 14/15" in der Urkunde vom 11.11.2016 sprechen könnte) und ggf. welche Kosten für die Pflege von Grabstätten auf dem Friedhof in X üblich sind.
Sollte das FG feststellen, dass in der Wahlgrabstätte nur dritte Personen, nicht aber E bestattet sind, ist für die Bewertung des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte und der in X üblichen Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten auf den Zeitpunkt des Todes des E im November 2013 abzustellen. Davon ausgehend ist eine Gesamtlaufzeit des Nutzungsrechts von 20 Jahren (25.10.2012 bis zum 24.10.2032) und eine Restlaufzeit von 18 Jahren und 11 Monaten (November 2013 bis 24.10.2032) anzunehmen.
(Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.1.2020 - II R 41/17)