Steuertermine
10.03. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.03. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
Alle Angaben ohne Gewähr |
Vorschau auf die Steuertermine April 2025:
10.04. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 14.04. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
Alle Angaben ohne Gewähr |
Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge März 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für März ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 27.3.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt
- Für alle Steuerpflichtigen: Wirksame Bekanntgabe trotz Widerruf der Vollmacht!
- Für alle Steuerpflichtigen: Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen
- Für alle Steuerpflichtigen: Anforderungen an das sogenannte Schonvermögen der unterhaltenen Person
- Für Vermieter: Wohnraumvermietung und Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage
- Für Arbeitnehmer: Zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei geringer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
- Für Immobilienunternehmen: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung im Fall einer Betriebsverpachtung möglich
- Für GmbH-Gesellschafter: Irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis als verdeckte Gewinnausschüttung
- Für Arbeitnehmer: Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten
1. Für alle Steuerpflichtigen: Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt
Die steuerliche Behandlung von Kindergeldansprüchen für Kinder mit Behinderung ist eine komplexe und häufig streitanfällige Materie, insbesondere wenn es um die Frage geht, ob und in welchem Umfang eine Behinderung ursächlich für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt ist.
Im hier entschiedenen Fall des Bundesfinanzhofs vom 30.1.2024, unter dem Aktenzeichen III R 42/22, wurde diese Frage hinsichtlich eines Kindes erörtert, das aufgrund einer schweren seelischen Behinderung in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht war.
Im konkreten Fall stritten die Mutter des Kindes und die Familienkasse über den Kindergeldanspruch für den Sohn der Klägerin, der seit seinem 14. Lebensjahr an einer schweren hebephrenen Schizophrenie leidet. Diese Erkrankung äußerte sich unter anderem in expansiv-aggressivem Verhalten und führte zu zahlreichen psychiatrischen Behandlungen und schließlich zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Familienkasse vertrat die Auffassung, dass der Sohn nicht aufgrund seiner Behinderung, sondern wegen der freiheitsentziehenden Maßnahme, die durch die von ihm begangenen rechtswidrigen Taten notwendig wurde, außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Demgegenüber argumentierte die Klägerin, dass die Behinderung ihres Sohnes die Ursache sowohl für seine Unfähigkeit zur Selbstversorgung als auch für die Unterbringung war.
Der Bundesfinanzhof bestätigte das vorinstanzliche Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 26.10.2022 und wies die Revision der Familienkasse zurück. In seiner Begründung stellte das oberste Finanzgericht fest, dass für den Kindergeldanspruch gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die erhebliche Mitursächlichkeit der Behinderung für die fehlende Fähigkeit zum Selbstunterhalt ausreichend ist. Diese Mitursächlichkeit entfällt nicht zwingend, wenn das Kind aufgrund einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus keiner bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, die vom Finanzgericht zu treffen ist. Im vorliegenden Fall hatte das Finanzgericht nachvollziehbar festgestellt, dass die psychische Erkrankung des Sohnes die wesentliche Ursache sowohl für die begangenen Taten als auch für die daraus resultierende Unterbringung war.
Der Bundesfinanzhof erläuterte, dass der Freiheitsentzug zwar ein gewichtiges Indiz darstellt, jedoch allein nicht ausreicht, um die Kausalität der Behinderung zu überlagern. Besonders hervorgehoben wurde, dass der Sohn aufgrund seiner Erkrankung schuldunfähig im Sinne von § 20 des Strafgesetzbuchs war und seine Steuerungsfähigkeit vollständig aufgehoben war. Die freiheitsentziehende Maßnahme diente in diesem Fall nicht der Ahndung eines vorwerfbaren Verhaltens, sondern war eine Schutzmaßnahme, die unmittelbar auf die krankheitsbedingte Gefährlichkeit des Kindes zurückzuführen war. In einem solchen Kontext liegt keine überholende Kausalität vor, welche die Behinderung als Ursache für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt unbeachtlich machen könnte.
Zusammenfassend hat das oberste Finanzgericht daher entgegen der Meinung der Familienkasse klargestellt, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 des Strafgesetzbuchs nicht per se die behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt ausschließt. Entscheidend bleibt stets die erhebliche Mitursächlichkeit der Behinderung, die im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Einzelfallumstände zu prüfen ist.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Wirksame Bekanntgabe trotz Widerruf der Vollmacht!
Die wirksame Bekanntgabe von Verwaltungsakten ist ein zentraler Aspekt im Steuerrecht, da sie den Beginn wichtiger Fristen, insbesondere der Rechtsbehelfsfristen, markiert und somit erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Besonders komplex wird die Situation, wenn ein Bevollmächtigter im Spiel ist und dessen Vollmacht möglicherweise widerrufen wurde.
In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall musste geklärt werden, ob die Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung an einen ehemaligen Bevollmächtigten rechtswirksam ist und die Klagefrist in Gang setzt.
Der Fall betraf eine Klägerin, die gegen Änderungsbescheide des Finanzamts Einspruch eingelegt hatte. Zunächst war eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft als Bevollmächtigte tätig. Das Finanzamt adressierte die Einspruchsentscheidung vom 30.9.2020 an diese Kommanditgesellschaft und gab sie am selben Tag zur Post. Am 2.10.2020 informierte die Kommanditgesellschaft das Finanzamt, dass ihre Vollmacht erloschen sei. Daraufhin versandte das Finanzamt am 8.10.2020 eine weitere Ausfertigung direkt an die Klägerin und am 4.12.2020 eine Kopie an eine neue Partnerschaftsgesellschaft. Die Klägerin erhob am 4.1.2021 Klage und argumentierte, die Einspruchsentscheidung sei ihr erst durch die Zusendung an die Partnerschaftsgesellschaft bekannt gegeben worden.
Das Finanzgericht wies die Klage jedoch als unzulässig ab, da sie nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist erhoben worden sei. Es ging davon aus, dass die Einspruchsentscheidung bereits am 5.10.2020 als bekannt gegeben galt.
Der Bundesfinanzhof bestätigte unter dem Aktenzeichen VI R 25/21 am 9.1.2024 die Entscheidung des Finanzgerichts. Die obersten Finanzrichter stellten klar, dass die wirksame Bekanntgabe eines an einen Bevollmächtigten adressierten Verwaltungsakts nicht davon abhängt, dass die Vollmacht im Bekanntgabezeitpunkt (!) noch besteht.
Entscheidend ist, dass das Finanzamt bei der Absendung von einer gültigen Vollmacht ausgehen durfte. Die Bekanntgabevermutung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) greift, wenn der Verwaltungsakt dem Bevollmächtigten tatsächlich zugeht, auch wenn die Vollmacht zwischenzeitlich widerrufen wurde. Das Gericht betonte, dass für die Wirksamkeit der Bekanntgabe der Zeitpunkt der letzten Behördenhandlung maßgeblich ist, hier also die Aufgabe zur Post. Ein späterer Widerruf der Vollmacht kann den Beginn der Klagefrist nicht mehr verhindern. Diese Auslegung dient der Rechtssicherheit und entspricht dem Zweck des § 80 Abs. 1 Satz 3 AO, wonach der Widerruf einer Vollmacht gegenüber der Finanzbehörde erst mit Zugang wirksam wird.
Die nachträgliche Übersendung der Einspruchsentscheidung an die Klägerin selbst oder an die neue Partnerschaftsgesellschaft setzte keine neue Klagefrist in Gang, da die Bekanntgabe an die KG bereits wirksam war. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass bei einer wirksamen Bekanntgabe alle Folgewirkungen, einschließlich des Fristbeginns, an diesen Zeitpunkt anknüpfen.
Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer klaren Kommunikation zwischen Steuerpflichtigen, ihren Bevollmächtigten und den Finanzbehörden. Sie mahnt zur Vorsicht bei Mandatsbeendigungen und zeigt, wie wichtig es ist, Vollmachtswiderrufe unverzüglich mitzuteilen, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Für die Praxis bedeutet dies, dass Steuerpflichtige und ihre Berater besonders aufmerksam sein müssen, wenn es um Änderungen in der Vertretungssituation geht. Eine zeitnahe und eindeutige Kommunikation mit dem Finanzamt über den Widerruf von Vollmachten ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass wichtige Schriftstücke den richtigen Empfänger erreichen und Fristen gewahrt werden. Zudem verdeutlicht das Urteil die Komplexität des Steuerverfahrensrechts und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Handhabung von Vollmachten und Zustellungen. Steuerpflichtige sollten sich bewusst sein, dass die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an ihre Bevollmächtigten rechtlich bindend sein kann, selbst wenn die Vollmacht kurz darauf erlischt. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer engen Abstimmung zwischen Mandanten und ihren steuerlichen Vertretern, insbesondere in Übergangsphasen oder bei einem Wechseln der Bevollmächtigten.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen
Die steuerliche Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen ist ein zentraler Aspekt des deutschen Einkommensteuerrechts, der vor allem bei medizinischen Behandlungen häufig zu Streitigkeiten führt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Aufwendungen zu, die durch Krankheitskosten entstehen, insbesondere wenn diese nicht unmittelbar die steuerpflichtige Person betreffen, sondern durch biologische oder rechtliche Zusammenhänge auch andere Personen einbeziehen.
In einem Urteil vom 29.2.2024, unter dem Aktenzeichen VI R 2/22, hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Kosten für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) mit anschließender künstlicher Befruchtung bei einer gesunden Frau als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können, wenn die Behandlung durch eine Krankheit des Partners erforderlich wird.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin eine unverheiratete, gesunde Frau, deren Partner an einer chromosomalen Translokation litt. Diese genetische Veränderung führte dazu, dass ein gemeinsames Kind bei natürlicher Zeugung mit hoher Wahrscheinlichkeit schwerste körperliche oder geistige Behinderungen gehabt hätte oder nicht lebensfähig gewesen wäre. Aufgrund dieses Risikos entschlossen sich die Klägerin und ihr Partner zu einer Behandlung in einem Kinderwunschzentrum, die eine Präimplantationsdiagnostik in Verbindung mit einer künstlichen Befruchtung umfasste. Die PID sollte sicherstellen, dass nur genetisch gesunde Embryonen in die Gebärmutter der Klägerin eingesetzt wurden, um eine fortlaufende Schwangerschaft zu ermöglichen. Zuvor wurden humangenetische Beratungen sowie psychosoziale Gespräche durchgeführt. Die Zustimmung zur PID wurde von der zuständigen Kommission der Ärztekammer eingeholt.
Im Streitjahr 2019 entstanden der Klägerin insgesamt Behandlungskosten in Höhe von 22.965 Euro. Diese Kosten umfassten medizinische Maßnahmen, die größtenteils am Körper der Klägerin durchgeführt wurden, sowie Rechnungen und Rezepte, die direkt auf sie ausgestellt waren. Die Klägerin beantragte, diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Behandlung nicht ausschließlich die Klägerin, sondern auch ihren Partner betraf und daher keine persönliche Zwangsläufigkeit vorliege. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen, welches ihrer Klage teilweise stattgab und einen Teil der Kosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannte. Das Finanzamt legte daraufhin Revision ein.
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück und bestätigte, dass die von der Klägerin selbst getragenen Kosten für die künstliche Befruchtung und PID als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Die obersten Finanzrichter führten aus, dass Krankheitskosten grundsätzlich dann abzugsfähig sind, wenn sie durch einen objektiv regelwidrigen Körperzustand verursacht werden und zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen. Im vorliegenden Fall handelte es sich bei der chromosomalen Translokation des Partners um eine solche Krankheit, deren Folgen durch die ärztlichen Maßnahmen ausgeglichen wurden. Obwohl die Maßnahmen direkt am Körper der Klägerin vorgenommen wurden, standen sie in einem untrennbaren biologischen Zusammenhang mit der Krankheit des Partners. Da eine alleinige Behandlung des Partners nicht ausreichend war, um die Krankheitsfolgen zu lindern, waren auch die an der Klägerin durchgeführten Behandlungsschritte »zwangsläufig« im Sinne des Gesetzes.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Maßnahmen mit der deutschen Rechtsordnung im Einklang stehen müssen, um als außergewöhnliche Belastungen anerkannt zu werden. Im vorliegenden Fall war dies gegeben, da die PID von der zuständigen Kommission der Ärztekammer genehmigt wurde und sämtliche rechtlichen Anforderungen gemäß § 3a des Embryonenschutzgesetzes eingehalten wurden. Dazu gehörten die vorherige Beratung der Klägerin und ihres Partners, die Prüfung durch die PID-Kommission sowie die Durchführung der Maßnahmen in einem zugelassenen Zentrum.
Entscheidend für die Anerkennung der Kosten war auch, dass der Bundesfinanzhof den Grundsatz der Individualbesteuerung als gewahrt ansah. Obwohl die Behandlung durch die Krankheit des Partners bedingt war, trug die Klägerin die Kosten für die an ihr durchgeführten Maßnahmen persönlich. Daher spiegelten die Aufwendungen eine geminderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin wider, die im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen steuerlich zu berücksichtigen ist.
Das Urteil hat eine weitreichende Bedeutung, da es die Abziehbarkeit von Behandlungskosten auch in komplexen Konstellationen bestätigt, bei denen ein biologischer Zusammenhang zwischen der Erkrankung einer anderen Person und den an der steuerpflichtigen Person vorgenommenen Maßnahmen besteht. Es stärkt die Rechte von Steuerpflichtigen, die medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen müssen, um Krankheitsfolgen zu verhindern oder auszugleichen, und schafft Rechtssicherheit hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung solcher Kosten. Schade ist eigentlich nur, dass wir in der deutschen Bürokratie einen solchen Fall tatsächlich durch ein oberstes Gericht klären lassen müssen.
4. Für alle Steuerpflichtigen: Anforderungen an das sogenannte Schonvermögen der unterhaltenen Person
Die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung ist immer wieder mit steuerlichen Streitigkeiten verbunden. Besonders relevant ist dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen derartige Zahlungen steuerlich abzugsfähig sind und welche Vermögensgrenzen für die unterstützte Person gelten.
In einem Fall des Bundesfinanzhofs vom 29.2.2024, unter dem Aktenzeichen VI R 21/21, wurde über die Anwendbarkeit der sogenannten Wertgrenze für das Schonvermögen sowie die Einordnung angesparter Unterhaltsleistungen entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger, ein verheiratetes Ehepaar, für das Jahr 2019 Unterhaltszahlungen an ihren studierenden Sohn steuerlich geltend gemacht. Die Zahlungen umfassten Beträge für Miete, Lebensunterhalt, Kranken- und Pflegeversicherung sowie weitere Kosten. Das Finanzamt lehnte jedoch die Berücksichtigung der Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da das Vermögen des Sohnes zum 1.1.2019 den Wert von 15.500 Euro überschritten hatte. Diese Grenze wird in den Einkommensteuer-Richtlinien und der Rechtsprechung als Schwelle für »geringes Vermögen« gemäß § 33a Absatz 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) angesehen. Nach Auffassung des Finanzamts war der Sohn somit schlicht nicht unterhaltsbedürftig und die Zahlungen können bei den Eltern im Weiteren nicht steuermindernd berücksichtigt werden.
Die Kläger argumentierten jedoch dagegen, dass das Vermögen des Sohnes teilweise aus nicht verbrauchten Unterhaltszahlungen bestand, die ihrem Zweck entsprechend nicht als Vermögen im steuerlichen Sinne betrachtet werden dürften. Das Finanzgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen, woraufhin die Kläger jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof in München einlegten. Dort bekamen sie teilweise Recht.
Nach den Ausführungen des Gerichts dürfen Unterhaltszahlungen, die zum Lebensunterhalt bestimmt sind, nicht bereits im Zeitpunkt ihres Zuflusses als schädliches Vermögen gewertet werden. Vielmehr sind solche Beträge erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses dem Vermögen hinzuzurechnen. Im konkreten Fall stellte der Bundesfinanzhof fest, dass das Vermögen des Sohnes unter Berücksichtigung dieser Regelungen zum maßgeblichen Zeitpunkt unterhalb der Grenze von 15.500 Euro lag.
Darüber hinaus stellten die obersten Finanzrichter jedoch leider auch klar, dass die Wertgrenze für das Schonvermögen trotz inflationsbedingter Veränderungen seit ihrer Einführung im Jahr 1975 auch im Streitjahr 2019 weiterhin angemessen ist. Diese Grenze liegt deutlich über dem Grundfreibetrag und dient dazu, das jährliche Existenzminimum sicherzustellen. Eine Erhöhung der Grenze lehnte das Gericht somit ab.
Hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen stellte der Bundesfinanzhof fest, dass ein Abzug nur für den Zeitraum möglich ist, in dem die Unterhaltsvoraussetzungen erfüllt sind. Für das Jahr 2019 erkannte das Gericht die Unterhaltsaufwendungen der Kläger für den Zeitraum Januar bis September als außergewöhnliche Belastungen an. Der Abzug war allerdings auf den Höchstbetrag nach § 33a Absatz 1 Satz 1 EStG in Höhe von 6.876 Euro begrenzt, der sich aus der Kürzung für neun Monate ergibt. Hinzu kamen die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung des Sohnes in Höhe von 1.123 Euro, sodass ein Gesamtbetrag von 7.999 Euro als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden konnte. Im Übrigen wurde die Klage allerdings abgewiesen.
5. Für Vermieter: Wohnraumvermietung und Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage
Das steuerliche Problem im vorliegenden Fall betrifft die Frage, ob ein Vermieter von Wohnraum, der Kosten für den Erwerb und die Installation einer neuen Heizungsanlage trägt, den Vorsteuerabzug geltend machen kann.
Dies ist von Bedeutung, weil die Vermietung von Wohnraum nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist, es jedoch in bestimmten Konstellationen möglich ist, Vorsteuern abzuziehen, wenn diese in direktem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen stehen.
Im vorliegenden Fall wurde ein Haus mit zwei Wohnungen vermietet, und die Klägerin installierte im Jahr 2016 eine neue Heizungsanlage. Streitig war, ob diese Kosten als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden können und somit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, oder ob die Heizungsanlage als eigenständige Leistung im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Wärme- und Warmwasserlieferungen angesehen werden kann.
Die Klägerin hatte eine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben, in der sie die Vorsteuer auf den Kauf und die Installation der Heizungsanlage geltend machte. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, da es der Auffassung war, dass die Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter als unselbständige Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnraumvermietung anzusehen seien, was den Vorsteuerabzug ausschließt. Tatsächlich entschied zunächst das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 6.4.2021 unter dem Aktenzeichen 5 K 3866/18 U zugunsten der Klägerin und erkannte die Wärme- und Warmwasserlieferungen als eigenständige, steuerpflichtige Leistungen an, die einen Vorsteuerabzug ermöglichen würden. Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofes entschieden am 7.12.2023 unter dem Aktenzeichen V R 15/21, dass die Kosten der neuen Heizungsanlage im direkten Zusammenhang mit der steuerfreien Vermietung stehen. Das Gericht führte aus, dass der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat. Dies umfasst auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser. Die Kosten für den Erwerb und die Installation der Heizungsanlage konnten nicht als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden, da Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nach § 556 Abs. 1 BGB und der Betriebskostenverordnung von der Umlage ausgeschlossen sind.
Der Bundesfinanzhof stellte dementsprechend klar, dass der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist, da die Kosten der Heizungsanlage unmittelbar mit der steuerfreien Vermietung zusammenhängen und nicht mit einer steuerpflichtigen Leistung wie der Lieferung von Wärme und Warmwasser. Die Lieferung von Wärme und Warmwasser sei Teil der steuerfreien Wohnraumvermietung, da diese Leistungen nicht gesondert neben der Miete abgerechnet wurden. Der Vermieter schulde die Heizung und Warmwasserversorgung als Teil der Mietsache, sodass die entsprechenden Kosten als Aufwendungen für die Erhaltung der Mietsache anzusehen sind und nicht zu einem Vorsteuerabzug berechtigen.
6. Für Arbeitnehmer: Zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei geringer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 6.2.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 1448/22 E befasst sich mit der steuerlichen Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung, bei der die Kläger – ein Ehepaar – Kosten für den beruflich bedingten Zweithaushalt des Ehemannes geltend machten. Das zentrale Problem bestand in der Frage, ob der Arbeitnehmer in einem anderen Ort als seiner Beschäftigungsstätte einen eigenen Hausstand unterhielt und somit die steuerliche Anerkennung der doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) möglich war.
Zum Sachverhalt: Die Kläger gaben an, der Ehemann habe im Jahr 2020 in einer Entfernung von etwa 30 Kilometern von seinem Arbeitsort gewohnt und sei daher berechtigt, eine Zweitwohnung in der Nähe seiner Arbeitsstätte anzumieten. Diese Aufwendungen wurden als Werbungskosten geltend gemacht. Die Entfernung zwischen der Hauptwohnung in der Gemeinde A und der Arbeitsstätte in der Gemeinde B betrug rund 30 Kilometer, was einer Fahrzeit von etwa 50 bis 55 Minuten entsprach.
Der Kläger nutzte zudem für berufliche Fahrten einen Dienstwagen. Die Finanzbehörde lehnte die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung mit der Begründung ab, dass bei einer geringen Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort von weniger als 50 Kilometern und einer Fahrzeit von unter einer Stunde keine doppelte Haushaltsführung vorliege. Daher wurden lediglich Werbungskosten in geringerem Umfang anerkannt, und die geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht berücksichtigt.
Die Kläger legten gegen diese Entscheidung Einspruch ein und führten unter anderem an, dass laut einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 25.11.2020 die berufliche Veranlassung zum Bezug einer Zweitunterkunft anerkannt werden könne, wenn die Fahrzeit von der Zweitwohnung zur Arbeitsstätte weniger als die Hälfte der Fahrzeit von der Hauptwohnung betrage. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln über zwei Stunden betrug. Da der Kläger die Strecke zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte jedoch stets mit dem Dienstwagen zurücklegte, wies die Finanzbehörde den Einspruch zurück. In ihrer Argumentation stützte sie sich unter anderem auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.11.2017 unter dem Aktenzeichen VI R 31/16, wonach Fahrzeiten von unter einer Stunde in der Regel zumutbar sind.
In der gegen das Finanzamt eingelegten Klage führten die Steuerpflichtigen zusätzlich aus, dass der Kläger aufgrund gestiegener Benzinpreise und Kosten für die Nutzung des Dienstwagens auf öffentliche Verkehrsmittel hätte umsteigen wollen. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch mit der Begründung zurück, dass der Kläger nachweislich weiterhin den Dienstwagen für alle Fahrten genutzt habe und somit die langen Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln irrelevant seien. Auch die gestiegenen Fahrzeugkosten seien nicht relevant, da es sich um ein Dienstfahrzeug handelte und der Kläger keine höheren Benzinkosten trug.
Das Finanzgericht entschied letztendlich, dass die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht gegeben sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsorts unterhält. Da der Kläger jedoch in zumutbarer Zeit von der Hauptwohnung zur Arbeitsstätte pendeln konnte, entfiel die Notwendigkeit einer Zweitwohnung. Entscheidend ist vielmehr, dass die Fahrzeit im Berufsverkehr unter einer Stunde lag und somit keine übermäßige Belastung darstellte. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Streitfall nicht als realitätsnah angesehen, da der Kläger nachweislich stets den Dienstwagen nutzte. Das Finanzgericht stützte sich hierbei auf den Grundsatz, dass individuelle Verkehrsverbindungen und die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls bei der Bewertung herangezogen werden müssen.
Insgesamt wurde die Klage abgewiesen, und der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 blieb unverändert. Auch wenn insoweit eine Entscheidung gegen den Steuerpflichtigen gegeben ist, kann diese Entscheidung durchaus als richtig eingeordnet werden.
7. Für Immobilienunternehmen: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung im Fall einer Betriebsverpachtung möglich
Die steuerliche Problematik in diesem Fall bezieht sich mal wieder auf die Frage, ob eine erweiterte Kürzung der Gewerbesteuer gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zulässig ist. Diesmal geht es um einen Fall der Betriebsverpachtung, und das wirklich Besondere an dieser Entscheidung ist, dass sie ausnahmsweise einmal positiv für den Steuerpflichtigen ausgeht. Aber zunächst zum Hintergrund:
Die erweiterte Kürzung sieht eine Verminderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage vor, wenn Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. Diese Regelung ist vor allem für Grundstücksunternehmen von Bedeutung, die eine Reduzierung ihrer Steuerlast anstreben, indem sie den Anteil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die wesentliche Frage ist, ob eine gewerbliche Betriebsverpachtung eine schädliche Handlung im Sinne dieser Regelung darstellt und damit den Anspruch auf die Kürzung ausschließt.
Im zugrunde liegenden Fall pachtete eine Klägerin ein Grundstück, auf dem sich ein Autohaus samt Reparaturwerkstatt und Waschanlage befand. Die Klägerin vermietete diesen Grundbesitz im Rahmen eines Gewerbemietvertrags an den Betreiber des Autohauses. Sie beantragte die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und argumentierte, dass ihre Tätigkeit sich ausschließlich auf die Vermietung des eigenen Grundbesitzes beschränke. Das Finanzgericht in erster Instanz verneinte jedoch die Zulässigkeit der erweiterten Kürzung mit der Begründung, dass die Klägerin neben dem Grundbesitz auch die Waschanlage, eine sogenannte Betriebsvorrichtung, mitvermietet habe. Dies sei eine kürzungsschädliche Handlung, da nicht nur Grundbesitz, sondern auch eine Vorrichtung zur unmittelbaren Ausübung des Gewerbes vermietet wurde. Regelmäßig ist nämlich bereits die Überlassung einer Betriebsvorrichtung schädlich im Bereich der erweiterten Gewerbesteuerkürzung.
Zudem sah das Gericht die Tatsache, dass die Klägerin den Grundbesitz im Rahmen einer gewerblichen Betriebsverpachtung überlassen habe, als weiteren Grund an, die erweiterte Kürzung zu versagen. So das Urteil des erstinstanzlichen Finanzgerichts Münster vom 6.12.2019 unter dem Aktenzeichen 14 K 3999/16 G.
Erfreulicherweise legte die Klägerin Revision ein, woraufhin der Bundesfinanzhof die Entscheidung des Finanzgerichts aufhob und die Sache zur anderweitigen Verhandlung zurückwies, so die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.12.2023 unter dem Aktenzeichen IV R 5/21.
Der Bundesfinanzhof stellte darin in der genauen Betrachtung des Sachverhalts klar, dass nicht jede Betriebsverpachtung automatisch die erweiterte Kürzung ausschließt. Entscheidend ist, ob die Vermietung ausschließlich eigenen bebauten Grundbesitz betrifft oder ob auch Betriebsvorrichtungen, wie im vorliegenden Fall die Waschanlage, mitvermietet wurden. Die obersten Finanzrichter der Republik folgten insoweit ihren erstinstanzlichen Kollegen in der Annahme, dass eine Waschanlage eine Betriebsvorrichtung darstellt, die grundsätzlich kürzungsschädlich sein kann. Allerdings verwarf das oberste Finanzgericht die Schlussfolgerung der ersten Instanz, wonach die Klägerin die Waschanlage mitvermietet habe.
Der Bundesfinanzhof hob hervor, dass es auf den ganz genauen Inhalt des Mietvertrags ankomme und die Parteien eines solchen Vertrags auch vereinbaren können, dass bestimmte Betriebsvorrichtungen nicht Gegenstand der Vermietung sind. Demnach müsse das Finanzgericht in einer erneuten Verhandlung den Mietvertrag präzise auslegen und feststellen, ob die Waschanlage tatsächlich mitvermietet wurde oder nicht. Anders ausgedrückt: Die obersten Richter erheben hier den Zeigefinger gegen die Erstinstanzler und brummen denen auf, zunächst einmal den Sachverhalt abschließend zu klären, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
Darüber hinaus führte der Bundesfinanzhof aus, dass eine gewerbliche Betriebsverpachtung nicht per se kürzungsschädlich ist. Wenn ausschließlich eigener Grundbesitz vermietet wird und keine anderen, schädlichen Tätigkeiten ausgeübt werden, bleibt die erweiterte Kürzung zulässig. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs unterstreicht daher das große Praxisproblem, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung sehr präzise geprüft werden müssen und häufig kleine Details entscheidend dafür sind, ob die Kürzung gewährt oder abgelehnt wird. Definitiv ist aber die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, die nicht als wesentliche Gebäudebestandteile gelten, grundsätzlich eine schädliche Handlung. Dies gilt aufgrund der aktuellen Rechtslage zumindest in den Grenzen der Ausnahmetatbestände des § 9 Nr. 1 Satz 3 ff. GewStG. Danach ist beispielsweise die Mitvermietung an den Mieter der Immobilie unschädlich, wenn die Einnahmen daraus nicht höher als 5% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Für die Praxis ist dies eine sehr schwer zu überwachende Regelung, für den vorgestellten Streitfall hatte sie keine Bedeutung, da die Norm im Streitjahr noch nicht existierte.
Die Entscheidung zeigt mal wieder, wie komplex die Abgrenzung zwischen dem zulässigen eigenen Grundbesitz und Betriebsvorrichtungen im Rahmen der erweiterten Kürzung ist. Sie verdeutlicht zudem, dass Mietverträge detailliert geprüft werden müssen, um zu klären, ob bestimmte Gegenstände wie Betriebsvorrichtungen von der Vermietung erfasst sind und somit gegebenenfalls kürzungsschädlich wirken.
8. Für GmbH-Gesellschafter: Irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis als verdeckte Gewinnausschüttung
Der rechtliche Rahmen verdeckter Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften beschäftigt sich mit der Frage, ob bestimmte Vermögensverschiebungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind oder nicht.
Diese Thematik rund um die verdeckten Gewinnausschüttungen gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn Gesellschafter oder ihnen nahestehende Personen von Entscheidungen der Gesellschaft profitieren, ohne dass dies einem Fremdvergleich standhalten würde. Vor diesem Hintergrund entschied der Bundesfinanzhof am 22.11.2023 unter dem Aktenzeichen I R 9/20 über die steuerrechtliche Qualifikation einer irrtümlich vorgenommenen Kapitalmaßnahme und deren Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine natürliche Person war. Im Zuge einer Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft der Klägerin kam es zu einem Fehler: Der neu geschaffene Geschäftsanteil wurde nicht von der GmbH, sondern von ihrer Gesellschafterin übernommen. Dies geschah aufgrund eines Irrtums im Rahmen der notariellen Beurkundung. Die Klägerin zahlte jedoch die Einlage für den neuen Geschäftsanteil und bilanzierte diesen als ihr eigenes Vermögen. Erst Jahre später wurde der Fehler durch einen Übertragungsvertrag korrigiert. Das Finanzamt bewertete die Situation jedoch so, dass durch die unentgeltliche Ermöglichung der Teilnahme der Gesellschafterin an der Kapitalerhöhung eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliege.
Die Klägerin argumentierte, dass der Irrtum nicht auf einem gesellschaftsrechtlichen Veranlassungszusammenhang basiere, sondern auf einem schlichten menschlichen Fehler ohne Zuwendungsbewusstsein. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein folgte jedoch der Auffassung des Finanzamts und stellte fest, dass die Zuwendung als vGA zu qualifizieren sei, da sie objektiv einem Fremdvergleich nicht standhalte. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin erfreulicherweise die Revision ein.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück an die erste Instanz. Nach Auffassung des obersten Finanzgerichts kommt es bei der Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung nämlich nicht ausschließlich auf den Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters an. Vielmehr ist entscheidend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen war. Ein fehlendes Zuwendungsbewusstsein kann dazu führen, dass der erforderliche Veranlassungszusammenhang nicht gegeben ist. Der Bundesfinanzhof betonte, dass subjektive Entschuldigungsgründe bei der Prüfung des Vorliegens einer vGA berücksichtigt werden müssen, insbesondere wenn ein glaubhaft gemachter Irrtum vorliegt.
Das Gericht stellte klar, dass für eine vGA ein finaler Zuwendungswille erforderlich ist. Liegt dieser nicht vor und erfolgt die Vermögensverschiebung nicht aus gesellschaftlichen Gründen, scheidet eine vGA grundsätzlich aus. Dies gilt selbst dann, wenn die Vermögensverschiebung objektiv tatsächlich zu einem Vorteil des Gesellschafters führt. Der Fall wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, damit dieses die Tatsachenfrage klärt, ob die Gesellschafterin zum Zeitpunkt der Beschlussfassung tatsächlich einem Irrtum unterlag.
Diese Entscheidung zeigt, dass bei der Beurteilung von vGA nicht nur objektive Kriterien, sondern auch die subjektiven Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. Die Frage, ob ein Irrtum des Gesellschafter-Geschäftsführers vorlag und ob dieser Irrtum glaubhaft gemacht werden kann, ist von zentraler Bedeutung. Mit diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof daher für die Zukunft die Anforderungen an die Prüfung von vGA präzisiert und klargestellt, dass subjektive Faktoren nicht ignoriert werden dürfen. Auch dann nicht, wenn dies dem Fiskus in den Kram passt.
9. Für Arbeitnehmer: Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten
Das deutsche Einkommensteuergesetz regelt in § 3b die Steuerbefreiung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Dabei stellt sich häufig die Frage, welche Entgeltbestandteile als Grundlage für die Steuerfreiheit heranzuziehen sind. Besonders relevant ist dies bei Bereitschaftsdiensten, da hier die Abgrenzung zwischen dem Grundlohn und der Vergütung für die Bereitschaftszeiten äußerst komplex sein kann.
Der Bundesfinanzhof hat am 11.4.2024 unter dem Aktenzeichen VI R 1/22 entschieden, wie die Steuerfreiheit von Nachtarbeitszuschlägen bei Bereitschaftsdiensten zu bemessen ist und dabei seine bisherige Rechtsprechung aus dem Jahr 2002 ausdrücklich aufgegeben.
Der aktuelle Entscheidungssachverhalt verdeutlicht, worauf es ankommt: Im vorliegenden Fall betrieb die Klägerin, eine Förderschule mit Internat, eine Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen auch in der Nacht betreut wurden. Die Beschäftigten der Klägerin leisteten neben ihrer regelmäßigen Arbeitszeit Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden, die nach arbeitsvertraglichen Regelungen gesondert entlohnt wurden. Die Zeit der nächtlichen Bereitschaft wurde nur zu 25 Prozent als Arbeitszeit anerkannt und entsprechend faktorisiert. Zusätzlich erhielten die Mitarbeiter für diese Zeiten Zuschläge in Höhe von 15 Prozent ihres individuellen Tabellenentgelts. Während das Finanzamt die Steuerfreiheit dieser Zuschläge auf das reduzierte Bereitschaftsdienstentgelt beschränken wollte, vertrat die Klägerin die Ansicht, dass die Zuschläge nach dem vollen Tabellenentgelt steuerfrei bleiben müssten.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung der Klägerin und entschied, dass die Steuerfreiheit der Zuschläge sich nach dem Grundlohn, also dem laufenden Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit, bemisst und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt. Der Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei seiner regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist zudem, dass die Zuschläge zusätzlich zum Grundlohn gezahlt werden und zweckbestimmt sind, das heißt, sie müssen ausschließlich für die tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gewährt werden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Tätigkeit während der begünstigten Zeiten besonders belastend war oder nicht. Entscheidend ist lediglich, dass die Arbeit zu diesen Zeiten erbracht wurde.
Die obersten Finanzrichter der Republik stellten weiter klar, dass auch Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet werden, als zuschlagsbewehrte Tätigkeiten im Sinne von § 3b des Einkommensteuergesetzes gelten können. Die Bereitschaftsdienstzeiten sind von der regelmäßigen Arbeitszeit zu unterscheiden und dürfen zusätzlich entlohnt werden. Das Gericht hob hervor, dass die Steuerfreiheit der Zuschläge nicht durch die Besonderheiten der Bereitschaftsdienste eingeschränkt werden darf, da die gesetzliche Regelung keine derartige Differenzierung vorsieht. Die Höhe der Steuerfreiheit richtet sich nach dem vollen Stundenlohn des Grundlohns, unabhängig von einer eventuell reduzierten Vergütung für die Bereitschaftszeiten.
Mit dieser Entscheidung wurde im Fazit klargestellt, dass Zuschläge für Bereitschaftsdienste zu den gleichen Bedingungen steuerfrei gestellt werden können wie Zuschläge für reguläre Nachtarbeit. Gleichzeitig wurde die bisherige Rechtsprechung aus dem Jahr 2002, die eine Differenzierung zwischen regulärer Arbeitszeit und Bereitschaftsdienstzeiten vorsah, ausdrücklich aufgegeben.
Hinweis: Die in diesem Mandantenbrief enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Sie dienen nur der allgemeinen Information und ersetzen keine qualifizierte Beratung in konkreten Fällen. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsschreibens kann daher nicht übernommen werden.
nach oben