Diplom-Finanzwirt, Steuerberater

Herbert Ludes

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Aktuell


18.10.2023

Nachtarbeit: Anwendung des § 3b EStG auch ohne Aufzeichnungen der genauen Anfangs- und Schlusszeit möglich

Liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 3b Abs. 1 Einkommensteuergesetz unstreitig vor, dann bildet der bloße Umstand, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit beinhalten, keinen Grund, um von einer Anwendung des § 3b Einkommensteuergesetz abzusehen.

Mit Urteil vom 9. November 2022 (Az. 4 K 145/20) entschied der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts über die Anforderungen an die Steuerfreiheit von Feiertags- und Nachtzuschlägen. Der Kläger war eine juristische Person des privaten Rechts. Im Rahmen einer Betriebsprüfung fiel auf, dass er an seine Arbeitnehmer teilweise Nachtzuschläge gezahlt und diese als steuerfrei behandelt hatte. Die Prüferin erkannte die Steuerfreiheit nicht an. Dabei war unstreitig, dass die vom Kläger in seinen Aufzeichnungen festgehaltenen Personen die Nachtarbeit durchgeführt haben und dass die aufgezeichneten Summen entsprechend den Aufzeichnungen neben dem Grundlohn für die Nachtarbeit bezahlt und die Höchstgrenzen des § 3b EStG (25 % des Grundlohns) nicht überschritten wurden. Streitig war jedoch, ob die Steuerfreiheit deshalb zu verwehren ist, weil nicht die genaue Uhrzeit (Beginn und Ende der Arbeit), sondern lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl angegeben wurden (z. B. 4 Stunden innerhalb der Zeit von 20 Uhr – 6 Uhr).

Der 4. Senat entschied, dass die fehlende Präzision der Aufzeichnungen unschädlich und die Steuerfreiheit zu gewähren war. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 28. November 1990 (Az. VI R 90/87) das Erfordernis von konkreten Einzelaufstellungen (einschließlich Anfangs- und Schlusszeit) der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nachtzeit aufgestellt habe, habe dies lediglich dazu gedient, die subjektive Tatsache der Verknüpfung zwischen konkreter Nachtarbeit und Lohnzahlung – in Abgrenzung zu pauschalen Zuschlägen – zu belegen und die Anzahl der Stunden sichtbar zu machen. Die Aufzeichnungen erfüllten indes keinen Selbstzweck. Soweit daher die gesetzlichen Voraussetzungen unstreitig erfüllt seien, seien ungenauere Aufzeichnungen unschädlich.

Das Urteil ist rechtskräftig.

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.09.2023 zum Urteil 4 K 145/20 vom 09.11.2022 (rkr)