Diplom-Finanzwirt, Steuerberater

Herbert Ludes

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Aktuell


04.05.2022

Steuerlicher Gestaltungsmissbrauch: Einlage in die Kapitalrücklage mit anschließender Tilgung von Verbindlichkeiten

Eine Einlage in die Kapitalrücklage mit anschließender Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber einer Alleingesellschafterin anstelle eines Forderungsverzichts durch die Alleingesellschafterin kann einen Gestaltungsmissbrauch darstellen.

Das geht aus einem Urteil des FG Düsseldorf hervor.

Klägerin des Verfahrens war eine Kapitalgesellschaft, die Verbindlichkeiten gegenüber ihrer Muttergesellschaft hatte (teils aus Darlehen, teils aus einem Verrechnungskonto aus einem konzerninternen Intercompany Accounting System). Im Jahr 2011 leistete die Muttergesellschaft über das konzerninterne Intercompany Accounting System eine Einlage in die Kapitalrücklage der Klägerin. Taggleich wurden die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der Muttergesellschaft in Höhe der Einzahlung in die Kapitalrücklage ausgebucht.

Das beklagte Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die getätigten Buchungen wirtschaftlich wie ein Forderungsverzicht anzusehen seien. Es liege eine Umgehung in Form eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 2 AO vor. Das Finanzamt behandelte daher die getätigte Einlage – abzüglich eines Teils der Forderung, den das Finanzamt als werthaltig ansah – als Ertrag.

Die Klägerin trug dagegen u. a. vor, dass die Ersetzung von Fremdkapital durch Eigenkapital durch die Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters gedeckt sei. Dabei sei nicht entscheidend, dass aufgrund der konzerninternen Buchungen keine tatsächlichen Zahlungsflüsse stattgefunden hätten.

Der 7. Senat sah dagegen in seinem Urteil vom 22.12.2021 aufgrund der besonderen Umstände des Falls die Voraussetzungen eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO als erfüllt an. Die angemessene Gestaltung für das laut der Klägerin angestrebte Ziel einer Befreiung von ihrer Überschuldung wäre ein Forderungsverzicht gewesen. Denn gegenüber fremden Gläubigern hätten nur unwesentliche Verbindlichkeiten bestanden. Die lediglich buchhalterisch vollzogene Einlage und anschließende Tilgung der Verbindlichkeiten habe lediglich der Vermeidung der steuerlichen Folgen eines Verzichts auf die unstreitig im Wesentlichen nicht werthaltigen Forderungen gedient. Außersteuerliche Gründe für die Gestaltung seien nicht erkennbar. Insbesondere sei das Ziel einer Verbesserung des Bilanzbildes der Klägerin nicht überzeugend, da die Klägerin im Jahr 2010 letztmalig aktiv am Wirtschaftsleben teilgenommen habe und sich seitdem in Abwicklung befinde.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Gericht zugelassene Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 11/22 anhängig.

FG Düsseldorf, Mitteilung vom 12.04.2022 zum Urteil 7 K 101/18 K,G,F vom 22.12.2021 (nrkr - BFH-Az.: I R 11/22)