Steuerberater

Harald Göbel

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Aktuell


21.10.2024

Jahressteuergesetz und Freistellung des Existenzminimums: Im Bundestag angenommen

Der Bundestag hat am 18.10.2024 den von der Bundesregierung eingebrachten und vom Finanzausschuss geänderten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024, BT-Drs. 20/12780, 20/13157) angenommen. Das Parlament nahm zudem den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 (BT-Drs. 20/12783, 20/13084, 20/13328 Nr. 7) an.

Einen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur "Einführung des Tarifs auf Rädern zur automatischen Anpassung des Steuerrechts an die kalte Progression" (BT-Drs. 20/13357) überwiesen die Abgeordneten zur weiteren Beratung an die Ausschüsse.

Das JStG 2024, das die Regierung in den Bundestag eingebracht hatte, enthält laut dem Entwurf "eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben". Dazu gehört beispielsweise die vereinfachte lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets. Arbeitgeber können demnach künftig ihren Mitarbeitern ein Mobilitätsbudget von bis zu 2.400 Euro pro Jahr als Zusatz zu ihrem Lohn gewähren und dieses bürokratiearm pauschal mit 25 Prozent versteuern.

Die bisherigen Pauschalbesteuerungsvorschriften würden "um Möglichkeiten zur Nutzung moderner Fortbewegungsmöglichkeiten (wie beispielsweis E-Scooter, die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing-, Bike-Sharing- sowie sonstige Sharing-Angebote und Fahrtdienstleistungen) erweitert". Ebenso werde der Erwerb von Einzelfahrkarten, Zeitkarten und Ermäßigungskarten für den Bus- und Bahnverkehr begünstigt.

Auch für Stromspeicher will die Bundesregierung die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessern. So sollen bei der Gewerbesteuer künftig Regelungen analog zu Windkraft- und Solaranlagen gelten. Es sollen "die Standortgemeinden der Energiespeicheranlagen in angemessener Weise am Gewerbesteueraufkommen der Anlagenbetreiber" beteiligt werden. Das soll die Akzeptanz für solche Anlagen vor Ort schaffen. Die Unterscheidung von Grün- und Graustrom kann dabei aus Sicht der Bundesregierung "für die gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Speicherprojekten kein taugliches Abgrenzungskriterium sein".

Der JStG-Entwurf enthält darüber hinaus eine Klarstellung zur Vermietung von Wohnraum an hilfebedürftige Personen. Diese stellt demnach die Erfüllung wohngemeinnütziger Zwecke dar. "Bezahlbares Wohnen soll insbesondere für Personen mit geringen Einkommen durch steuerbegünstigte Körperschaften ermöglicht werden", erklärt die Bundesregierung.

Änderungen sind auch bei der Kleinunternehmerregelung im Umsatzsteuerrecht vorgesehen. Maßgeblich hierfür ist laut Gesetzesbegründung das Europarecht. Künftig kann die Kleinunternehmerregelung demnach in Anspruch genommen werden, wenn der Umsatz im vorangegangenen Jahr nicht über 25.000 Euro (bisher 22.000 Euro) und im laufenden Jahr nicht über 100.000 Euro (bisher 50.000 Euro) liegt. Dabei gilt allerdings auch eine Verschärfung: Galt bisher, dass es sich im laufenden Jahr um einen prognostizierten Betrag handelte, dessen Überschreitung nicht zwangsläufig zum Verlust der Umsatzsteuerbefreiung für das laufende Jahr führte, kommt eine weitere Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung künftig nicht mehr in Betracht, wenn der Umsatz 100.000 Euro überschreitet. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind indes steuerfrei.

Höhere Freigrenzen gibt es künftig auch für Haus- und Hobbybrauer. Die für diese vorgesehene steuerbefreite Menge für die Herstellung von Bier wird von zwei auf fünf Hektoliter erhöht. Mit dem JStG will die Bundesregierung ferner Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren umsetzen. Vorgesehen ist auch die "Gesetzliche Verstetigung der 150-Euro-Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen für gesundheitsbewusstes Verhalten". Die Abwicklungsfrist für Investmentfonds soll von fünf auf zehn Jahre verlängert werden.

Der Gesetzentwurf beinhaltet auch Änderungen bezüglich der Steuerbefreiung der Entgelte von Reisesicherungsfonds, der Konzernklausel bei der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen, Änderungen im Umwandlungssteuergesetz, die Zulassung der unmittelbaren Weitergabe steuerlicher Daten von den Bewilligungsbehörden an Ermittlungsbehörden, EU-rechtliche Anpassungen im Erbschaftssteuerrecht sowie Änderungen am Gesetz über Steuerstatistiken.

Die Umsatzsteuerbefreiung von Bildungseinrichtungen wird an EU-Recht angeglichen. Der Durchschnittssatz für Land- und Forstwirte wird auf 8,4 Prozent angepasst.

Mit zahlreichen Änderungen wie der Streichung des im Regierungsentwurf vorgesehenen Mobilitätsbudgets hat der Finanzausschuss am 16.10.2024 das Jahressteuergesetz 2024 gebilligt. Die Regierungskoalition erhielt bei zahlreichen ihrer insgesamt 59 Änderungsanträge Zustimmung von den Oppositionsfraktionen. Die ursprünglich geplante Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht für Bildungseinrichtungen wie private Musikschulen und im Vereinssport kommt so nicht. Bei den Bildungseinrichtungen beschränkt man sich darauf, die Vorgaben des europäischen Rechts umzusetzen, ohne dass es zu Verschlechterungen kommen soll. Die Umsatzsteuerbefreiung des (Vereins-)Sports wurde ersatzlos gestrichen. Die Meldestandards zu Dividendenerträgen werden an die Faster-Richtlinie der EU angepasst.

Auch werden künftig 80 Prozent der Aufwendungen für die Betreuung von Kindern als Sonderausgaben berücksichtigt, maximal 4.800 Euro. Bisher galt hier eine Regel von zwei Dritteln mit einem Höchstbetrag von 4.000 Euro. Verluste aus Termingeschäften sind künftig uneingeschränkt mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar. Bei der Grundsteuer können Steuerpflichtige einen niedrigeren Wert für ihr Grundstück ansetzen, wenn sie mit einem Gutachten nachweisen, dass dieser mindestens 40 Prozent unter dem vom Finanzamt festgesetzten Grundsteuerwert liegt. Der Gesetzentwurf enthält nun keine Regelung mehr zur Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Krediten durch Banken.

Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer soll für das Jahr 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (BT-Drs. 20/12783). Der steuerliche Kinderfreibetrag soll um 228 Euro auf 6.612 Euro steigen.

Deutscher Bundestag, PM vom 18.10.2024