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Ferdinand Alles

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Aktuell


18.07.2022

Skandal im Sperrbezirk?

Der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat darüber entschieden, ob die Überlassung von Zimmern in sog. Steigen im Sperrgebiet auf St. Pauli als umsatzsteuerfreie Vermietung zu qualifizieren ist, oder ob mit der Zimmerüberlassung ein Bündel von Leistungen erbracht wird, das der Zimmerüberlassung den Charakter eines Mietverhältnisses nimmt.

Der Kläger war Mieter von zwei Immobilien auf St. Pauli, die im Gebiet der Sperrverordnung liegen, d. h. Prostitution ist in der Zeit von 20.00 h bis 6.00 h erlaubt, ein weiteres Objekt hatte er in der H-Straße angemietet, in der keine Beschränkungen für die Prostitution gelten. Die einzelnen Zimmer der sog. Steigen überließ er zu einer „Tagesmiete“ an Prostituierte, die in den Zimmern sexuelle Dienstleistungen erbrachten.

Der Kläger hatte in der Vergangenheit aus der Nutzungsüberlassung umsatzsteuerpflichtige Erlöse erklärt. Nachdem der Bundesfinanzhof am 24. September 2015 ein Urteil des FG Hamburg aufgehoben und auch die halbstündige Überlassung von Zimmern in einem sog. Stundenhotel als umsatzsteuerfreie Vermietung angesehen hatte, berief sich der Kläger im Streitjahr 2016 auf die Umsatzsteuerfreiheit seiner Vermietungsleistungen. Dem folgte das Finanzamt zunächst für einige Vorauszahlungsmonate, blieb aber mit der Einspruchsentscheidung über den Umsatzsteuerjahresbescheid dabei, dass neben der Zimmerüberlassung ein „rund-um-sorglos-Paket“ für die Prostituierten erbracht werde, das die Grenzen passiver Vermietungsleistungen überschreite.

Dem ist der Senat nach Durchführung einer Beweisaufnahme gefolgt. Neben der Überlassung der Zimmer würden in allen Steigen auf Veranlassung des Klägers Wirtschafter oder im Fall der H-Straße Wirtschafterinnen tätig sein, die die Prostituierten betreuten und für ihre Sicherheit sorgten. Zudem erhielten die Prostituierten durch die Anmietung der Steigen-Zimmer die tatsächliche Möglichkeit, auf bestimmten öffentlichen Plätzen, die quasi „gewohnheitsrechtlich“ einzelnen Steigen zugewiesen seien, Freier zu akquirieren unter Ausschluss „steigenfremder“ Prostituierter, während sie in der H-Straße für die Akquise einen sog. Kober mit Schaufenstern nutzen könnten. Zusätzlich würden weitere Leistungen wie die Bereitstellung einer Alarmanlage und Videoüberwachung sowie Catering erbracht. Mit diesem Bündel von Leistungen sei, so das Gericht, die Grenze einer passiven Vermietungsleistung überschritten, die Nutzungsüberlassung habe eher bordellartigen Charakter erlangt. Damit ist vorerst eine Streitfrage entschieden, die bereits in den Fokus des Rechnungshofes geraten war (Jahresbericht des Rechnungshofes 2022, Besteuerung des Rotlichtgewerbes in Hamburg).

Die Revision wurde nicht zugelassen.

FG Hamburg, Pressemitteilung vom 20.06.2022 zum Urteil 2 K 9/20 vom 17.05.2022