Aktuell
14.12.2023
Tätigkeit im Rahmen der Sicherungsverwaltung führt zu Arbeitslohn
Die Einnahmen aus einer Tätigkeit, die eine in Sicherungsverwahrung untergebrachte Person in einer Justizvollzugsanstalt erbringt, stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
Der Kläger ist nach Verbüßung einer Haftstrafe bereits seit vielen Jahren in der Sicherungsverwahrung in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Dort ist er in einer anstaltseigenen Schreinerei nach den Regelungen des SVVollzG NRW tätig und erhielt hierfür im Streitjahr 2019 eine Vergütung in Höhe von ca. 14.000 Euro.
Der Kläger erklärte diesen Betrag zunächst als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Demgegenüber ging das Finanzamt von sonstigen Einkünften aus, da der Kläger kein Dienstverhältnis eingegangen sei. Den Arbeitnehmerpauschbetrag i. H. v. 1.000 Euro gewährte es dementsprechend nicht. Im Verlauf des Verfahrens über die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage machte der Kläger geltend, dass seine Vergütung gar nicht steuerbar sei, da die Resozialisierung im Vordergrund stehe und nicht die Einnahmeerzielung.
Das Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat den Kläger – anders als das Finanzamt – als Arbeitnehmer angesehen und den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.000 Euro gewährt. Für die Annahme eines Dienstverhältnisses spreche, dass Sicherungsverwahrte nach den Regelungen des SVVollzG NRW im Gegensatz zu Strafgefangenen nicht zur Arbeit verpflichtet seien. Vielmehr solle eine Beschäftigung lediglich angeboten werden. Danach sei der Kläger in der Schreinerei aufgrund seines freien Entschlusses tätig geworden. Dabei sei er auch in die Arbeitsorganisation der Schreinerei eingebunden und hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit weisungsgebunden gewesen. Der Kläger habe zwar keinen Urlaubsanspruch, aber einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit von zehn Tagen. Seine Vergütung richte sich nach den geleisteten Arbeitsstunden. Dass diese der Höhe nach gesetzlich festgelegt sei, spreche nicht entscheidungserheblich gegen die Annahme von Arbeitslohn.
Entgegen der Ansicht des Klägers seien die Einkünfte steuerbar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beschäftigung insbesondere dazu dienen solle, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung zu vermitteln, zu fördern und zu erhalten. Die Tätigkeit sei zumindest auch – wie bei Auszubildenden oder bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu Integrationszwecken – auf Einkommensmehrung durch Leistungsaustausch gerichtet.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
FG Münster, Mitteilung vom 15.11.2023 zum Urteil 14 K 1227/21 E vom 20.09.2023